Am 29.04.2021 jährte sich der Todestag von Helmut Sackers zum 21 Mal. Der 60-Jährige wurde im Jahr 2000 von einem Neonazi in einem Halberstädter Hochhaus erstochen. Vorangegangen war eine lautstarke Auseinandersetzung, da der Täter das verbotene, NS-verherrlichende Horst-Wessel-Lied hörte und Helmut Sackers die Polizei rief. Sackers ist
gestorben, weil er für Toleranz und sein Demokratieverständnis eingetreten ist. Die Tat ist bis heute ungesühnt, da der Täter in einem skandalösen Urteil freigesprochen wurde.
Das Ausmaß rechter Gewalt in Deutschland befindet sich auf einem konstant hohen Niveau. Mit „Baseballschläger-Jahre“ fand sich ein Begriff, der die 1990er Jahre reflektiert, die zwischen Umbruch und rechter Gewalt standen. Der NSU, Halle, Hanau und die jüngsten Bedrohungen des NSU 2.0 zeigen, dass auch in den letzten Jahren eine neue Welle rassistischer Gewalt die Bundesrepublik durchzieht. Die Gewalt richtet sich nicht nur gegen historisch gewachsene Feindbilder, sondern auch gegen Menschen, die sich dem Hass und der Menschenverachtung aktiv entgegenstellen.
So tat es Helmut Sackers. Er ist aufgestanden gegen die gewaltverherrlichenden, antisemitischen Vernichtungsphantasien, um die es im Horst-Wessel-Lied geht.
Das Soziokulturelle Zentrum ZORA e.V. und die Mobile Opferberatung Sachsen-Anhalt haben anlässlich des diesjährigen Gedenkens an Helmut Sackers zu einem Zeitzeugengespräch mit Esther Bejarano eingeladen. Die Überlebende des KZ Auschwitz-Birkenau hat den rund 100 Teilnehmenden persönliche Einblicke in eine Zeit gewährt, in der die vollkommene Entrechtung und Entwertung menschlichen Lebens eskaliert ist.
Die Vorsitzende des Auschwitz-Komitees klärt seit fast 50 Jahren über die Verbrechen des Faschismus auf. Für die Menschen, die es nicht geschafft haben, erzählt sie ihre Geschichte. Eine Geschichte, in der sie das Unmenschlichste im Menschen sehen musste. Sie verlor Familienmitglieder, wurde in Zwangsarbeitslager gesteckt und letztlich nach Auschwitz deportiert. “Junge Menschen müssen wissen, welche Zustände herrschten und wie wir gelitten haben.” sagt sie. Antisemitismus gibt es schließlich noch heute. Auch deshalb geht sie an die Schulen und erklärt den Menschen, was damals passiert ist und warum es passiert ist.
Auch mit 96 Jahren setzt sie sich nicht zur Ruhe. Pandemiebedingt können derzeit keine Präsenzveranstaltungen stattfinden. Dennoch nimmt sie fast täglich telefonisch an Online-Veranstaltungen teil. “Nie wieder werde ich aufhören, meine Geschichte zu erzählen.” sagt sie. “Das ist meine Rache an den Nazis.”